Wandteppich Sophie Taeuber-Arp
Ein Geschenk vom Künstler Hans Arp für die Schule für Gestaltung – ist der schuleigene Wandteppich «von» oder «nach» Sophie Taeuber-Arp? Eine Recherche
Mit dem Neubau unserer Schule 1961 kam ein gewebter Wandteppich der Künstlerin Sophie Taeuber-Arp (STA) als Kunst im Bau in das moderne Gebäude: Ein Geschenk von ihrem Ehemann Hans Arp. So wird es bis heute erzählt, eine schriftliche Quelle zu dieser Schenkung ist Stand heute nicht vorhanden.
Das grosse Gewebe hing viele Jahre an verschiedenen Standorten in- und ausserhalb der SfG. Im Zuge der Auflösung der Kunstsammlung des Baudepartements wurde der Wandteppich 2021 offiziell dem Besitz der Schule für Gestaltung übergeben. Aus konservatorischen Gründen kann er nun im Depot der Textilsammlung der Schule bestaunt werden.
Eine Ausleihanfrage dieses Wandbehanges im Sommer 2024 machten vertieftere Recherchen nötig. Vor allem stellten sich Fragen zur Datierung von 1940 wie auch zur Herstellung. STA hatte 1935 eine kleine Gouache mit dem Titel «Plans profilés en courbes et plan» gemalt. Hat sie wirklich fünf Jahre später, während des 2. Weltkriegs, diese Gouache als Vorlage für den sehr grossen, handgewebten Wollteppich benützt? Und war sie selbst die Weberin dieses Behanges?
Auf seiner Rückseite ist eine Etikette angebracht, auf der ebenfalls steht: "Plans profiles en courbes. Carton de Sophie Taeuber Arp. Edité par Tabars frères & soeurs, Aubusson. No 723» («Carton» meint Vorlage). Abb.1
Aubusson ist eine kleine französische Gemeinde, welche seit dem 17. Jahrhundert ein Zentrum für die Anfertigung von kostbaren Tapisserien war. Die dort ansässige renommierte Weberei «Tabars frères & soeurs» konzentrierte sich nach dem 2.Weltkrieg bis zu ihrer Schliessung in den 1980er Jahren darauf, Teppiche nach Vorlagen von Künstlern und Künstlerinnen zu weben. Dies auch auf Initiative der bekannten Galeristin Denise René, die an Textilarbeiten interessiert war. Seit 1944 führte René ihre Galerie in Paris. Sie fragte Künstler und Künstlerinnen, die sie betreute, nach Werken, um diese in Aubusson als Wandteppiche umsetzen zu lassen; so geschehen mit Arbeiten von Hans Arp, Alexander Calder, Sonia Delaunay, Auguste Herbin, Wassily Kandinsky u.a.
Aufgrund dieser Erkenntnisse begann nun ein schriftlicher Austausch zwischen der Kuratorin der Textilsammlung SfG und der Kustodin der Stiftung Arp e.V. Sie konnte bestätigen, dass dieses Werk wohl neu bewertet werden sollte. Hier eine Zusammenfassung ihrer Vertiefungen: Hans Arp war sehr interessiert, dass das Werk seiner 1943 verstorbenen Ehefrau STA nicht in Vergessenheit gerät. So hat er, als Erinnerung an sie, Mappen mit gedruckten Malereien und Gouachen bei Denise René herausgeben lassen. Arp schlug der Galeristin auch Werke von STA für textile Tapisserieumsetzungen vor.
In diesem Kontext ist auch der schuleigene Teppich «"Plans profiles en courbes» zu sehen, der 1959 in erster Auflage in Aubusson gewebt wurde. Als Vorlage diente die genannte Gouache von 1935. Das Entstehungsjahr 1959 dieser grossen Weberei passt sehr gut in die Zeit der Neugestaltung des Hofbereichs der Kunst- und Gewerbeschule Basel durch Arp.
Aktuell bekannt ist heute nur noch die Existenz einer weiteren Ausführung dieses Textils, das jedoch farblich anders gestaltet wurde. Im Gegensatz zum Teppich der SfG mit der Nummer 723, trägt diese Variante die Nummer 1098 und wurde folglich später hergestellt. Abb.2
Beteiligt an den Webteppichen waren die Künstler und Künstlerinnen nur insofern, als dass sie das Einverständnis gaben, ihre Werke als Vorlage zu nutzen. Da STA bereits Anfang 1943 verstorben war, kann sie weder in die Herstellung des Cartons (Vorlage) noch in die des Wandbehanges involviert gewesen sein.
Dank der Recherchen können die Gegebenheiten rund um unseren Wandteppich nun anders erzählt werden. Zwar ist die Schule nicht Eigentümerin eines Originals von STA, sondern im Besitz einer Webarbeit «nach» Sophie Taeuber-Arp. Sie zeigt aber, wie Hans Arp mit dem Werk seiner verstorbenen Ehefrau umgegangen ist. Unser Teppich ist somit ein interessanter, kleiner Teil der Geschichte dieses grossen, bedeutenden Künstlerpaares der Avantgarde des 20. Jahrhunderts.
(Madeleine Girard, Kuratorin Textilsammlung SfG)